Dauernd Jetzt

Rezension

Wenn er glücklich sei, rede er sehr viel, sagte Herbert Grönemeyer, als er vergangene Woche sein Album "Dauernd jetzt" vorstellte - und er war fast nicht mehr zu stoppen an diesem Abend im edlen Berliner Gourmettempel Grill Royal. Launchpartys haben bei ihm schon Tradition. Die Wahl des Restaurants, in das Universal Music als neuer Partner des seit Jahrzehnten erfolgsverwöhnten Musikers einlud, lässt indes darauf schliessen, welchen Stellenwert dieser für den Musikkonzern hat. Die Firma habe gleich die ganze EMI Music übernehmen müssen, um mit dem "grössten deutschen Künstler" zusammen arbeiten zu können, scherzte Frank Briegmann, President Central Europe Universal Music & Deutsche Grammophon, bei der Begrüssung, bevor die neuen Grönemeyer-Titel in einer einstündigen Präsentation vom Band liefen. Erst danach stiess der Deutschrocker zu den Gästen, darunter Repräsentanten aus Handel und Medien sowie Mitarbeiter von Universal Music, die Schauspielerin Heike Makatsch, die Sängerin Jessica Wahls (No Angels) und der Fernsehmoderator Klaas Heufer-Umlauf. "Ich bin heute aufgeregter als früher", verriet Grönemeyer zu Beginn. Seine Nervosität merkte man ihm allerdings nicht an. Vielmehr zeigte er sich bestens gelaunt und vollkommen aufgeräumt. Die Fragen des österreichischen Moderators Christian Ankowitsch beantwortete er wie die der Journalisten in launigem Tonfall und liess dabei jenen Sprachwitz sprühen, der auch in seinen Songtexten immer wieder durchblitzt. Besonders ausführlich gab er Auskunft darüber, wie bei ihm Songs entstehen. Er sei kein grosser Planer. "Lass uns mal wieder 'ne Platte machen", habe er 2013 beschlossen, sich ans Klavier gesetzt und Harmonien "geklimpert", nebenher viel gelesen (Zeitungen, Gedichte), sich Blöcke (liniert) besorgt und mit dem Texten begonnen. "Plötzlich kommt 'ne Zeile", nach und nach finde er in den Fluss des Schreibens. Grundsätzlich müsse er Themen finden, die ihn selbst berühren. Bei seinem inzwischen 14. Studioalbum sind das neben der Liebe auch das neue Ost-West-Verhältnis ("Unser Land"), ein Leben im Hier und Heute, die seiner Meinung nach nicht ungefährliche "Entblössungslust" vieler Zeitgenossen im Internet ("Die Uniform") oder der WM-Sieg der deutschen Nationalmannschaft ("Der Löw"). Um ein versöhnliches Beziehungsaus geht es in "Einverstanden", einem Song, den Annette Humpe beigesteuert hat. Er habe sie - "eine tolle Frau!" - zunächst nur um einen Text zu seiner Musik gebeten, sie habe aber rundheraus abgelehnt, weil sie andersherum vorgeht, schliesslich aber einen kompletten Song geliefert. Ein gutes Jahr hat Grönemeyer an seinem neuen Werk gearbeitet, bis zum letzten Produktionstag noch Worte und Passagen geändert, sagte der 58-Jährige: "Das nervt die anderen, aber ich kann nicht anders." Er wolle zwar nicht, dass jedes seiner Worte auf die Goldwaage gelegt würde, er habe aber grosse Angst, in Beliebigkeit zu verfallen. Aufgenommen mit seiner "wunderbaren Band" und seinem seit 16 Jahren bewährten Produzenten und Programmierer Alex Silva vornehmlich in Berlin, ist "Dauernd jetzt" dreieinhalb Jahre nach "Schiffsverkehr", seinem zehnten Nummer-eins-Album in Folge, am 21. November bei Grönland/Vertigo Capitol (VEC) im Vertrieb von Universal Music als Standard Edition mit zwölf und in einer limitierten Special Edition mit 16 Titeln erschienen. Die neuen Songs und die Singleauskopplung "Morgen" sollen der bereits fast ausverkauften Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz im Mai und Juni 2015 "eine eigene Farbe geben", wie Grönemeyer ankündigte. Veranstalter der Tournee sind Dirk Becker Entertainment und Marek Lieberberg. 2015 spielt Grönemeyer in insgesamt 21 deutschen und österreichischen Städten. Die Konzertreise beginnt am 12. Mai in Chemnitz und endet am 16. Juni in Wien. Bettina Greve (Quelle/Copyright: G+J Entertainment Media)